You are currently viewing #111 Absoluter Wille

#111 Absoluter Wille

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare
  • Lesedauer:4 min Lesezeit

Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet.
Der Wahn ist kurz, die Reu‘ ist lang.
Friedrich Schiller

Ich will, aber wie viel will ich

Draußen, auf der weiten Flur, gibt es genug Leute, die wollen. Aber hat das Modalverb etwas mit dem Willen zu tun? Ich will, wir wollen. Schön und gut. Aber der absolute Wille geht weit, weit über das hinaus, was manche Menschen als “ich will” ansehen.

Aus der Bahn geschubst

Ist der Wille noch da, wenn man immer und ewig vor Türen läuft, die sich ums Verrecken nicht öffnen wollen. Sieht man dann Fehler als Schritte zur Lösung an, oder bröckelt es gewaltig im Haus des Willens? Der absolute Wille sind Leitplanken auf der Bahn. Verschlungen? Ja. Aber die Planken geben einen Halt, drücken nach vorne. Natürlich kann ich auch rechts oder links drüber flanken. Aber was ist dann? Tiefer Sturz. Das Gefühl von Versagen. Aus die Maus. Das Spiel ist verloren. Der absolute Wille verraucht in einer Zukunft, die es für die Idee, die man einmal so überaus sexy fand, nicht mehr geben wird.

Trainingslager absoluter Wille

Gibt es ein Bootscamp, um diese Fähigkeit zu erlernen oder haben wir es wieder mit einem genetischen Phänomen zu tun? So in etwa wie: Survival of the fittest.
Meiner Meinung hängt dies stark von Faktoren ab. Einer, wenn nicht sogar der stärkste Faktor, ist die Leidenschaft. Ich würde nie im Trampolinspringen die Meisterschaft erringen, wie die Stotterliese, die unser Land in Grund und Boden schwafelt. Ok, lassen wir den Sarkasmus (schon wieder) bei Seite. Es geht darum, mit welcher Leidenschaft man etwas verfolgt. Nun, dies kann man nicht trainieren. Ob die Leidenschaft für dieses oder jenes in den Genen einprogrammiert wurde, kann ich nicht beurteilen, aber es würde mich schon sehr wundern, wenn bei mir neben der Augenfarbe auch die Affinität zum Schreiben verankert wäre.

Lasst uns die Schiffe verbrennen

Ein weiterer Faktor für den absoluten Willen wäre die Unabänderlichkeit.
Kleiner Exkurs: In der Schifffahrt war es nicht unüblich, seine Schiffe zu verbrennen und damit die Mannschaft zum Bleiben, aber noch mehr, zum Kämpfen, zu animieren. Ein Zurück gab es nicht. Das Vorwärts war jetzt die einzige Möglichkeit zu überleben. Eine sehr radikale Art und Weise, den absoluten Willen zu fördern. Kolumbus und Cortez wurde nachgesagt, dass sie genau diese Methode verwendet haben.
Was bedeutet es nun für uns, die den absoluten Willen frönen wollen?
Schiffe verbrennen? Haus und Auto verkaufen? Den Arbeitsplatz kündigen?
Vielleicht ist das ein oder andere sinnvoll, sollte aber sehr gut durchdacht sein.
Der absolute Wille ist meiner Meinung nach eher eine Haltung bzw. eine Einstellung gepaart mit der oben angesprochenen Leidenschaft.

Fokale Aufmerksamkeit mit Hang zur Breite

Nun möchte man annehmen, dass der absolute Wille eine Form von Fokus ist. Und Fokus bedeutet eine Konzentration auf einen bestimmten Punkt mit einem nicht unerheblichen Anteil an Scheuklappensehen und vielleicht sogar Scheuklappendenken.
Meiner Ansicht ist dies zu kurz gedacht. Das Fokussieren mit dem Willen, dass es nur dieses Ziel (nicht den Weg) gibt, besagt nach meiner Erfahrung, dass man auf einmal Möglichkeiten sieht, die aus dem Nichts zu kommen scheinen. Hört sich nach esoterischem Humbug an, ist es aber nicht. Das Gehirn ist so geschärft auf das Ziel, dass es Informationen, die von außen kommen, bewertet und mit dem Ziel abgleicht.
In der gemeinen Denke des Homo sapiens scheint dies an Zauberei zu grenzen, aber das ist, was der absolute Wille beinhaltet, es werden Wege aufgezeigt, an denen man sonst vorbei gestolpert wäre. Es darf aber nicht damit verwechselt werden, dass diese Fingerzeige immer das Non-plus-Ultra sind. Vielleicht führen sie in eine Sackgasse, dann weiß man, welchen Weg man nicht gehen soll, und man ist wieder ein Stück weiter. Vielleicht sind diese Fingerzeige auch nur eine Vorbereitung auf das, was noch kommen kann oder wird. Man wird es sowieso erst hinterher wissen, aber es wäre sträflich dumm, diesen Informationen kein Gehör zu schenken. Schon viel zu oft hat sich unter einem Haufen Scheiße ein Goldschatz versteckt.

Accelerator

Natürlich kann man sein Ziel auch ohne den absoluten Willen erreichen. Alles ist möglich. Aber diese Form der Fokussierung ist ein Beschleuniger und in dieser Zeit sind wir doch alle auf dem Geschwindigkeitstrip. Also, ausprobieren kann nicht schaden.

Abonniere den Podcast über den Dienst Deiner Wahl

Rohan de Rijk

Rohan de Rijk wurde in den 68er Jahren in Düsseldorf geboren. Rohan bezeichnet sich seit frühester Kindheit als „Extrem-Leser“. Sein erster Thriller „Schnee am Strand“ erschien 2018. Davor hatte Rohan einige Kurzgeschichten und den Gedichtband „düster Zeilen“ veröffentlicht. Er bekennt sich zum Selfpublishing, weil seine Kreativität dort am besten zum Tragen kommt. Als gelernter Mediengestalter designt er seine Cover selber. So ist jedes Buch ein 100%iger Rohan de Rijk. Sein Leben als Schriftsteller und Freigeist teilt er mit der Welt in seinem Podcast „Rohan´s 13 Minutes“. Rohan de Rijk lebt heute mit seiner Familie in Mönchengladbach und in Noord-Holland.

Schreibe einen Kommentar