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#89 Alt gegen neu

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Gibt es den Typus Künstler und wenn ja, hat sich der Typus Künstler in den Jahrhunderten verändert?
Erste Antwort: Ganz klar ja.
Eine nicht bis in die absolut letzte recherchierte Gegenüberstellung, weil es keine geschichtliche Abhandlung werden soll, sondern ein wenig den Künstler zeigen soll, wie er sich in der Zeit und in der Gesellschaft verändert hat.

Was ist alt?

Bleiben wir doch in der Zeit, die mit einer 19 anfängt.
Der Künstler als solcher wurde zwiespältig angesehen. Auf der einen Seite ein enfant terrible, das sich Substanzen gönnte, die in der Gesellschaft (zumindest vordergründig) als zweifelhaft angesehen wurden. Die Grüne Fee (Absinth) oder Opium waren beliebt. Der Künstler war anziehend für Frauen, da er etwas Anderes verkörperte als der gewöhnliche Arbeiter oder der biedere Beamte. Frivol war er und nutzte die Gunst der Stunde und die der Damen aus.

Die Mutigen haben bezahlt

Es nennt sich “Entartete Kunst”, zumindest im Jargon des dritten Reiches. Wer den falschen Pass besaß oder sich nicht in die Propagandamaschinerie integrieren lassen wollte, wurde schnell zu einem Aussätzigen. Schon früh haben sich Künstler zusammengeschlossen und aktiv dem Nationalsozialismus entgegengetreten. Der Preis war hoch. Aber hier zeigte sich, dass der Künstler nicht nur ein Intellektueller war, sondern seinen Verstand gegen das eingesetzt hat, was ihm missfallen hat.

Neu

Wie sieht es heute aus. Gibt es noch Leute wie Biermann, Bukowski oder Kinski? Obwohl Kinski wohl eher für sich gesprochen hat, aber mit einer Vehemenz, die ich mir für die heutigen, saftgespülten politischen Talk-Runden wünsche.
Ist der heutige Künstler ein Revoluzzer? Zum größten Teil nein.
Woran liegt das?
Der Künstler von heute ist mehr und mehr auf die Meinung der Massen angewiesen. Das bedeutet, Social Media entscheidet, ob wohl oder weh, hop oder top. Eine falsche Bemerkung und man hat seine Karriere kastriert. Das frühere Sprachrohr der Massen ist zu einem jämmerlichen Strohhalm verkommen, das sich nicht gegen die (gefakte) Meinung vieler auflehnen kann (oder will) oder wenn doch, dann ist das nur ein dünnes Stimmchen, das mit Hohn und Spott (über Social Media) totgemacht wird.
Oder anders ausgesprochen: “Lieber die Schnauze halten, schadet nur den Klicks”.
Eine eigene Meinung zu haben, dazu zu stehen und diese auch noch kundzutun kann (siehe Nena) kam bei den politisch- und angstgesteuerten Lemmingen nicht gut an. Hier wagt eine Künstlerin, die über Jahrzehnte Erfolg hat (und das zu Recht), die Corona Machenschaften anzuzweifeln und ruft auf, Hygienemassnahmen zu überdenken. Die reicht, um sie in eine Ecke zu drängen, in der sie nie war und mit dem Makel der hörigen Massen nur schwer wieder herauskommt.

Der Weiche und die Zarte

Hat sich der Künstler oder die Kunst verändert?
Eine ganz klare Antwort: Beides.
Der Künstler von heute ist nicht mehr mit dem Künstler von damals gleichzusetzen. Dort war der Künstler ein Intellektueller. Das sind einige Künstler heute auch noch, aber die Schwelle von einem Niemand zu einem Star ist heute so gering, dass jeder der sein (nicht vorhandenes) Talent mehr als zweimal im TV oder auf YouTube präsentiert, ein Star ist.
Das dicke Fell, die Hornhaut, die ein Künstler früher haben musste, um Erfolg zu haben, ist in den meisten Fällen verschwunden. Nun gut, diese Künstler sind auch schnell vergessen. Aufgrund dessen, dass sich die wenigsten Künstler heute etablieren, bleibt ihnen auch immer weniger Zeit, mit ihrer eigenen Meinung (sofern vorhanden) an die Öffentlichkeit zu treten.

Der Egoist

War es früher für den Künstler wichtig, Werte zu haben und diese nicht nur kundzutun, sondern auch zu verteidigen, so zählen heute die schnellen Klicks, denn morgen könnte der Star oder das Sternchen im Kosmos der Konkurrenz verglühen und da wäre eine kontroverse Meinung das sofortige Aus. Dies ist aus meiner Sicht eine fatale Entwicklung, denn Künstler haben auch Meinungen gebildet, waren polarisierend. Wenn dies alles wegfällt oder durch die Medien nicht mehr transportiert wird, werden wir eine Gesellschaft mit nur einer Meinung haben. Und dies ist schon einmal so richtig schiefgelaufen.

„Ich kann sie gar nicht so beleidigen, wie sie mir auf den Wecker gegangen sind.“ – Klaus Kinski

„Der Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie ist, dass du in der Demokratie wählen darfst, bevor du die Befehle befolgst. ” – Charles Bukowski

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Rohan de Rijk

Rohan de Rijk wurde in den 68er Jahren in Düsseldorf geboren. Rohan bezeichnet sich seit frühester Kindheit als „Extrem-Leser“. Sein erster Thriller „Schnee am Strand“ erschien 2018. Davor hatte Rohan einige Kurzgeschichten und den Gedichtband „düster Zeilen“ veröffentlicht. Er bekennt sich zum Selfpublishing, weil seine Kreativität dort am besten zum Tragen kommt. Als gelernter Mediengestalter designt er seine Cover selber. So ist jedes Buch ein 100%iger Rohan de Rijk. Sein Leben als Schriftsteller und Freigeist teilt er mit der Welt in seinem Podcast „Rohan´s 13 Minutes“. Rohan de Rijk lebt heute mit seiner Familie in Mönchengladbach und in Noord-Holland.

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