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#124 Ich reite den Amtsschimmel

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Wir werden die Befreiung von den Fesseln der Bürokratie durch alle Hierarchiestufen treiben. Die Leute sollen endlich Spaß an der Arbeit haben.
Jack Welch, amerik. Topmanager, 1988-2001 Präs. General Electric, „der härteste Manager der Welt“ (Financial Times)

Hast Du einen Künstlernamen has(s)t du Bürokratie

Der Künstlername oder Pseudonym oder Aliasname oder Bühnenname dient dazu, dem Menschen ein bisschen mehr Privatsphäre zu geben oder einen marketingtechnisch besseren Namen zu verleihen.
Dies habe ich schon vor längerer Zeit getan und, wie soll es im geliebten Land der Germanen anders sein, der Amtsschimmel hat seinen Hürdenparcour aufgebaut.

Öffnen wir den Vorhang zu Akt 1

Ort: Meldestelle bzw. eine telefonische Anfrage eben bei dieser Amtsschimmelabteilung.
Kurzer Vermerk: Dort arbeiten Menschen, die sicherlich bemüht sind, aber durch Gesetze, Paragrafen und Anweisungen in ein enges Gatter gepfercht werden.
Weiter flüstert die Souffleuse. Im Amt wusste keiner, was gebraucht wird, um den Künstlernamen standesgerecht in den Ausweis zu meißeln. Man einigte sich darauf, dass die Mitgliedschaft in einem Kunstverein dem schwammigen Buchstaben des Gesetzes (oder dem Ermessensspielraum) reichen sollte.
Eine künstlerische Tätigkeit an einen Verein zu hängen ist ein wenig schräg, aber ich war zufälligerweise in einem dieser Vereine und der Künstlername im Personalausweis.

Nach einem kurzen Sektgelage: Akt 2

Es sollte eine Trennung zwischen mir dem Brot- und Butterjobber und dem anderen Ich, dem Freigeist (also Künstler) geschaffen werden. Mental: Null Problemo. Aber was macht der Artist, wenn es um die Weichenstellung der monetären Angelegenheiten geht?
Richtig: Er möchte seine Konten so aufteilen, dass alle Finanzen sauber voneinander getrennt sind.
Aber und hier gleisen wir uns in die spannende Phase des zweiten Aktes auf: Die Banken wussten nicht, wie man einem Künstler, der nicht unter seinem Klarnamen bankgeschäftlich tätig werden wollte, unterbringen sollte. Es hagelte Neins.
Aber eine Bank, vergleichen wir sie mit einem gallischen Dorf, war gewillt, dieses nicht vorhandene Wagnis einzugehen.
Der Jubel auf meiner Seite blieb erst einmal aus, da ich an der Legitimation meiner Person im Videocall scheiterte.
OK, aufgeben ist für Looser. Kontakt gesucht, Sache geklärt. Videocall bestanden und Abrakadabra, der Künstler ist girokonto-unabhängig.
Ich fühle die Frequenz des Spechtens: Nenn uns die Bank, wir wollen auch.
Werbung mache ich nicht, aber die Bank macht ab und zu mal Werbung in der guten alten Glotze.

Akt 3: Der gute Schein des Gewerbes

Digital first, krähten vor nicht allzu langer Zeit die Fürsten der Bürokratie aus ihren, der Wirklichkeit entrückten, Trutzburgen.
Der Gewerbeschein als ein kleines Rädchen des gehuldigten E-Governments. Ja, es funktioniert. Mit einem Bürgerkonto bewaffnet, in dem meldestellenkonform, Rohan de Rijk, mein Künstlername, als solcher dort auftaucht.
Nun kam der Schein als physisches Pendant. Man sollte meinen, dass Namen, die so fest in die deutsche Bürokratie eingebrannt sind, sich auch in so etwas wie einem Gewerbeschein widerspiegeln. Mitnichten nein, wiehert der Amtsschimmel. Na gut, das ist meine Ausprägung, ich werde nachfragen müssen und werde berichten.

Der 4. Akt: Das Finanzamt betritt die Bühne

Zu einem ordentlichen Gewerbe gehört eine ordentliche Steuernummer, diese ist beim Finanzamt meines (gezwungenen) Vertrauens zu beantragen. Was macht der brave Staatsbürger? Ruft den diebischen Vogel auf.
Wer bitte kam auf die glorreiche Idee, diese Steuersoftware nach einem diebischen Vogel, der Elster, zu benennen?
Nun gut, sei es drum. Wenden wir uns den Stolperfallen zu. Zwangsweise wird mein Name in dem Formular voreingestellt. Nun gut. Ist so. Ich hangele mich durch die verschiedenen Fragen, die ich nicht brauche und so einige auch nicht verstehe, und komme zur Angabe der wechselseitigen Geldübertragung, also meinen Bankdaten. Dort stellte der Automatismus einen bis heute nicht in den Griff zu bekommenden Fehler fest. Mein Name und mein Künstlername (als Inhaber des Kontos) sind auf fahrlässige Weise unterschiedlich.
Heilen könnte man den Fehler, wenn man dem System vorschlägt, dass mein Künstlername zu einer anderen Person gehört.
Könnte man machen, aber wie genau zitiert der Amtsschimmel dann die Buchstaben der Finanzgesetze, wenn ich diesen Workaround wähle?
Ich werde es nicht herausfinden. Ich habe dem Hüter der Elster den Fall geschildert und hoffe, dass ich weder Textbausteine noch irgendeine Absage bekomme.
Auch hier gehe ich in die Schuld mit meiner Hofberichterstattung.

Das große Finale

Das gibt es noch nicht, auf der Bühne tummeln sich nur Fragezeichen, die durch den Helden des Pseudonyms, also mich, erledigt werden wollen. Das Schwert des Wortes ist geschärft, nun gilt es, den Amtsschimmel zu besiegen oder besser noch zu befrieden.

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Rohan de Rijk

Rohan de Rijk wurde in den 68er Jahren in Düsseldorf geboren. Rohan bezeichnet sich seit frühester Kindheit als „Extrem-Leser“. Sein erster Thriller „Schnee am Strand“ erschien 2018. Davor hatte Rohan einige Kurzgeschichten und den Gedichtband „düster Zeilen“ veröffentlicht. Er bekennt sich zum Selfpublishing, weil seine Kreativität dort am besten zum Tragen kommt. Als gelernter Mediengestalter designt er seine Cover selber. So ist jedes Buch ein 100%iger Rohan de Rijk. Sein Leben als Schriftsteller und Freigeist teilt er mit der Welt in seinem Podcast „Rohan´s 13 Minutes“. Rohan de Rijk lebt heute mit seiner Familie in Mönchengladbach und in Noord-Holland.

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